Wann solltest du kein Ritual machen?
Ich kenne nur eine Situation, in der es empfehlenswert ist, kein Ritual zu machen - dann, wenn du traurig bist oder in akuter Not.
Denn nach dem Verständnis der schamanischen Andentradition verstärkt sich durch ein Ritual die Energie, die du in dir trägst.
Wenn du traurig bist, ein Ritual machst und deine Traurigkeit ziellos dort hineingibst, dann kann es passieren, dass du traurig bleibst oder die geistige Welt dein Ritual nicht akzeptiert.
Aber was heißt das, wenn du traurig bist und gerade deine Traurigkeit transformieren möchtest? „Darfst“ du dann gar keine Rituale machen?
Du kannst deine Rituale vorbereiten
Glücklicherweise doch. Denn es gibt wunderbare Wege, wie du dich auf ein Ritual vorbereiten kannst.
Mutter Natur kann dich trösten
Einmal ist es oft schon so wohltuend, in der Natur zu sein, dass die Traurigkeit weicht. Du kannst bewusst erst einmal spazieren gehen, dir ganz in Ruhe Blüten und Samen für dein Ritual sammeln oder den Ort für dein Ritual finden. Oft braucht es ein bisschen, bis sich unsere Stimmung wandelt. Aber Mutter Natur wirkt oft stark transformierend und sie kann uns mit ihrer Schönheit und ihren kleinen und großen Wundern trösten.
Du kannst versuchen, deinem Prozess dabei offen zu folgen und die Erwartung, dass du das Ritual unbedingt an dem Tag machen musst, loslassen. Spüre nach, wie es dir nach einer Zeit in der Natur geht, und du wirst wissen, ob du gelassen genug bist, das Ritual zu machen oder nicht.
Gib deine Traurigkeit an einen Stein ab
Oder du kannst vor dem Ritual mit einem Stein arbeiten. Vielleicht hast du schon einen Heilstein zu Hause, sonst kannst du einen in der Natur finden. Du hältst den Stein nacheinander vor deine Chakren - beginnend beim Wurzelchakra, endend beim Dritten Auge -, und gibst deine Traurigkeit und all deine schwere Energie an den Stein ab. Dann pustest du drei Mal auf den Stein und reinigst ihn unter fließend Wasser. Gut ist, wenn du ihn dann für eine Weile ins Freie legst, damit er sich mit neuer Energie aufladen kann. So befreit, kannst du dann das Ritual machen.
Schreiben als Transformationsprozess
Und dann bereitest du in der schamanischen Andentradition Rituale oft vor, indem du schreibst. Oft geht es um Etappen, die du beenden möchtest, weil sie dir nicht mehr dienlich sind. Du nimmst dir über einige Tage immer wieder die Zeit, deine Notizen zu machen und deine Gedanken fließen zu lassen. Dies ist die Phase, in der du oft traurig oder wütend bist und durch die „Nacht deiner Seele“ gehen musst. Wenn du dann das Ritual machst - beispielsweise ein Feuerritual, in dem du deine Notizen in die Flammen gibst -, konntest du oft bereits viel schwere Energie transformieren.
Rituale, in die du deine Traurigkeit integrieren kannst
Neben diesen vorbereitenden Prozessen gibt es auch Rituale, in denen du deine Traurigkeit durchaus ausdrücken kannst. Wenn du beispielsweise ein sogenanntes Kintuy Haiwarikuy legst, mit Samen, Blüten und weiteren Zutaten, dann kannst du es damit beginnen, dass du drei Coca- oder Lorbeerblätter wählst, die einen Knick oder Riss haben. Sie stehen für die Bereiche oder Situationen in deinem Leben, die noch Wachstum oder Heilung brauchen. Du pustest deine schwere Energie in die drei Blätter hinein und bedeckst sie dann mit Zucker, Süßigkeiten, Konfetti und goldenen Zuckerperlen, um sie zu verwandeln.
Der Unterschied dabei ist, dass du deine Traurigkeit und schwere Energie nicht ziellos in dein Ritual hineinfließen lässt, es nicht damit „tränkst“, sondern sie durch eine gezielte Abfolge transformierst.
Wichtig bei all dem ist: In der schamanischen Andentradition gibt es kein „Richtig“ und kein „Falsch“. Mache deine Erfahrung und schau, was sich für dich stimmig anfühlt und vor allem: was wirkt.