Darfst du ein Ritual für jemand Anderen machen?

Manchmal haben wir eine Person in unserem Umfeld, der es richtig schlecht geht. Wir bekommen mit, wie sie leidet, und wir würden ihr gerne helfen. Da liegt es nahe, ein Ritual für sie zu machen. Gerade, wenn wir schon am eigenen Leibe erfahren haben, wie wirksam Rituale sein können, juckt es uns vielleicht in den Fingern. Doch ich würde dies nicht empfehlen. Denn mit Ritualen bewegen wir Energie.

eine Rose schwebt über zwei Händen

Durch Rituale bewegen wir unser Inneres und unser Äusseres

Ich weiss, dass das erstmal geheimnisvoll klingt. Und es ist auf eine Art auch geheimnisvoll, denn rational lässt sich das, was bei Ritualen passiert, nicht erklären. Wir bewegen uns mit ihnen auf der energetischen Ebene, auf der Ebene „jenseits des Verstandes“. Wir machen ein sehr intimes Feld zwischen Mutter Erde, der geistigen Welt und uns auf. Dort formulieren wir das, was wir hinter uns lassen möchten, und unsere tiefsten Wünsche. Durch Rituale kommen wir in sehr konzentrierter Form ins Handeln und bringen dadurch erst unser Inneres in Bewegung, dann unser Äusseres, unser Umfeld und unseren Alltag.

All das tun wir im besten Sinne, damit wir unsere Blockaden lösen, alten Schmerz heilen und uns weiterentwickeln, aber es ist immer eine bewusste Entscheidung, dies zu tun. Und diese Entscheidung sollte jede und jeder für sich treffen.

Für Rituale braucht es ein „Ja!“

Auch, weil wir die Art und Weise, WIE sich Rituale auf unser Inneres und Äusseres auswirken, nicht kontrollieren können. Wir wissen beispielsweise nicht, wie sich Beziehungen verändern, haben wir einmal den Mut aufgebracht, unsere tiefsten Wünsche ans Feuer zu bringen. Es kann erstmal chaotisch werden, damit sich Neues ordnen kann. Es können sich plötzlich Wege auftun, von denen wir vorher nichts ahnten. Für diese Reise braucht es ein „Ja!“, und das können wir nicht ungefragt für eine andere Person geben.

Manipulation fängt manchmal im Kleinen an

Es ist gut, haben wir all das im Bewusstsein, wenn wir Rituale machen. Auch, weil wir mit unseren Liebsten eng verwoben sind und unsere grossen Themen haben, und sie nicht selten überhaupt der Anlass sind, dass wir uns auf den Weg unserer Heilung machen.

Es ist gut, wenn wir uns deshalb immer mal wieder fragen: „Mache ich das jetzt für mich oder für den anderen (womöglich noch in der Hoffnung, er möge sich verändern. ;-))“. Manipulation fängt manchmal im Kleinen an und kann, ohne das uns dies bewusst ist, in „schwarzen Schamanismus“ übergehen.

Wessen Thema ist das Ganze?

Manchmal ist die Trennlinie nicht ganz klar, ob ein Thema das Unsrige ist oder der oder dem Anderen gehört.

Ich hatte mal den Fall, dass mir ein Mensch aus meinem nahen Umfeld etwas offenbarte, das ihn blockierte, das aber auch schwere Energie in unsere Beziehung brachte. Ich spürte dieser Blockade nach und prüfte innerlich, wo für mich der Schwerpunkt lag. Und ich merkte, dass es für meine Heilung wichtig war, das Thema mithilfe eines Naturbildes zu bearbeiten. Das tat ich und die Blockade löste sich auf. Ich hatte den Faden quasi von meiner Seite aus aufgedröselt, das fühlte sich dem anderen gegenüber stimmig an. Hätte ich in dem Naturbild das Thema für ihn gelegt, um bei ihm direkt die Blockade zu lösen, dann, das spürte ich intuitiv, hätte ich buchstäblich in sein Leben eingegriffen.

Wie können wir Andere unterstützen?

Jetzt bleibt die Frage, wie wir den anfangs beschriebenen Menschen, dem es schlecht geht, unterstützen können?

Wir können ihn fragen, ob er offen dafür ist, dass wir ihm von unseren Erfahrungen mit Ritualen erzählen. Wir können ihm anbieten, ihn bei einem Ritual zu begleiten oder ihm zu beschreiben, wie er es alleine machen kann.

Eine schöne Möglichkeit ist auch, dem Anderen ein Ritual zu schenken. Ich habe beispielsweise einer Freundin, die ein Problem mit sich herumgetragen hat, zum Geburtstag zur Wahl gestellt, sie zu einem Feuerritual mitzunehmen oder ihr etwas anderes zu schenken. Sie wählte das Ritual und wir verbrachten einen bewegenden Abend miteinander. Entlastend war für sie, dass ich ihr erzählte, dass sie zu nichts verpflichtet sei. Es wäre auch vollkommen in Ordnung gewesen, hätte sie nur zugeschaut und das Ganze auf sich wirken lassen.

Natürlich kann es passieren, dass unser Gegenüber für unsere Angebote nicht offen ist oder schlichtweg nicht interessiert daran ist. Oft genug steht er an einem völlig anderen Punkt als wir oder möchte gerade von uns keine Impulse erhalten, weil wir ihm zu nahe stehen.

Was tun, wenn unser Gegenüber nicht offen ist?

Aber auch dann haben wir Möglichkeiten.

Wir können tief durchatmen und uns im Loslassen üben. Wir können uns bewusst machen, dass jede und jeder von uns seinen einzigartigen Weg geht und an dem Punkt steht, an dem sie oder er eben im Hier und Jetzt steht.

Fällt uns dies schwer, weil unser Gegenüber sehr leidet oder dies sich auch stark auf unser Leben auswirkt, dann können wir unsere Erwartungen und unseren Schmerz darüber in einem eigenen Ritual loslassen, manchmal mehrmals, um immer wieder bei uns anzukommen.

Wir können uns an unsere eigene Nase fassen, schauen, wo wir noch zu heilen haben, und uns auf unseren Weg konzentrieren. Das stärkt uns in unserer Selbstwirksamkeit und bringt uns weg von der Ohnmacht, die wir manchmal in Hinblick auf den anderen spüren.

Wir können den anderen in unsere Anrufung der geistigen Welt einbinden und ihm das wünschen, was für ihn am besten ist.

Wir können uns in Geduld üben und offen dafür bleiben, dass der andere, bemerkt er, wie wir uns ändern, neugierig wird.

Wir können uns darauf besinnen, dass wir uns auch für unsere Ahn:innen, Kinder und Kindeskinder weiterentwickeln und in Heilung gehen. Hier bedeutet das „für“ aber nicht, dass wir die Heilarbeit ungefragt für andere machen, sondern dass sich, ändern wir uns, auch das System um uns herum ändern kann.

Wenn wir zum Tor zur Heilung werden

All das kann zu Entwicklungen führen, die wir heute noch nicht erahnen können…

… Eine Tante sucht das Gespräch mit uns und vertraut uns ein lang gehegtes Familiengeheimnis an…

…unser Mann nimmt plötzlich eines unserer Bücher über die Andentradition in die Hand und fängt an, darin zu lesen…

… eine Freundin fragt an, wann wir wieder ein Feuerritual machen und ob sie einfach mal dabei sein darf…

Tore öffnen sich, wo vorher keine Tore waren. Und manchmal werden wir durch unsere Heilarbeit selber zum Tor, durch das ein anderer schreiten kann.

Dann aber freiwillig und sich selber bewusst, und nicht, weil wir es uns in den Kopf gesetzt haben.

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Wann solltest du kein Ritual machen?