Die erste deutsche Studie zu Wechseljahres-beschwerden am Arbeitsplatz
Heute, am Welt-Menopause-Tag, begegnet mir eine Studie des Projektes „MenoSupport“.
Das erste Mal in Deutschland wurde erhoben, wie sich Wechseljahresbeschwerden bei Frauen am Arbeitsplatz auswirken.
Prof. Andrea Rumler von der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin und ein Team von Wissenschaftlerinnen haben 2119 Frauen befragt. Wichtige Daten wurden erhoben.
Sie bestätigen, dass Frauen teils massiv durch ihre Wechseljahresbeschwerden beeinträchtigt werden.
Als Top 5 werden genannt:
Körperliche und geistige Erschöpfung (78,1 %)
Schlafstörungen (65,8 %)
Reizbarkeit (53,6 %)
Depressive Verstimmung (46,3 %)
Wallungen, Schwitzen (44,8 %)
Auf die Frage, ob ihre Wechseljahressymptome sie schon einmal bei Entscheidungen bzgl. ihres beruflichen Werdegangs beeinflusst hätten, antworten die Frauen (eine Mehrfachauswahl war möglich):
Nein, bisher nicht (54,6 %)
Ja, Stunden zu reduzieren (24 %)
Ja, die Stelle zu wechseln (18,4 %)
Ja, eine Auszeit von der Arbeit zu nehmen (15,9 %)
Ja, früher in den Ruhestand zu gehen (10 %)
Ja, auf anderes (5,7 %)
Ja, Beförderung auszuschlagen (5,4 %)
Ja, Stunden zu erhöhen (1,8 %)
Ja, Beförderung anzunehmen (1,1 %)
Ja, später in den Ruhestand zu gehen (0,1 %)
Und bei den Frauen über 55 Jahren, die befragt wurden, steigt der Anteil derer, die früher in den Ruhestand gehen wollten, sogar auf 19,4 %.

Wechseljahre im Betrieblichen Gesundheitsmanagement
Spätestens nach dieser Studie sollten bei deutschen Unternehmen die Alarmglocken klingeln, denn die Altersgruppe zwischen 30 bis 55 Jahren macht mittlerweile den größten Anteil der Arbeitnehmerschaft aus.
Das, was in Großbritannien schon seit einigen Jahren erkannt wurde, kommt nun auch in Deutschland immer mehr zur Sprache: Es macht aus wirtschaftlicher Sicht absolut Sinn, das Thema Wechseljahre mit in das Betriebliche Gesundheitsmanagement aufzunehmen.
Ich freue mich sehr darüber, dass das Thema nun immer öfter aufgegriffen wird, denn sehr großes und oft jahrelanges Leid kann dadurch vermieden werden.
Aber die Studie hat mich heute auch nachdenklich gemacht. Besonders die Überschrift: „Volkswirtschaftlich brisant: Wechseljahre am Arbeitsplatz“ der Pressemitteilung, durch die ich auf die Studie aufmerksam wurde.

Die Wechseljahre sind viel mehr als ein Thema der Wirtschaft und Effizienz
Denn mit der Wirtschaft ist immer die Frage der Effizienz verknüpft. Und damit der Wunsch, etwas zu kontrollieren.
Ja, es wird gelingen, viele Frauen in den Wechseljahren durch ein biografieorientiertes Gesundheitsmanagement und flexiblere Arbeitszeitmodelle zu halten.
Aber – und das ist der Ton, der heute schon den ganzen Tag in mir klingt -, es wird auch immer wieder Frauen geben, die nicht nur nicht mehr können, sondern die auch nicht mehr wollen.
Denn die Wechseljahre machen eben nicht nur körperliche Begleiterscheinungen und seelische Verstimmungen aus – nein, sie sind oft eine Zeit des radikalen inneren und äußeren Umbruchs.
Eine Zeit, in der sich unser Leben auf den Kopf stellt.
Eine Zeit, in der wir Selbstverständliches plötzlich in Frage stellen.
Eine Zeit, in der wir in ein neues Ich hineinwachsen, das völlig neue Bedürfnisse zeigt.

Das Rebellische der Wechseljahre
Und all das betrifft auch die Arbeitswelt und wie Frauen in und nach den Wechseljahren sich darin bewegen wollen.
Bei allem Begrüßenswerten, das Studien wie oben beschrieben zutage bringen, liegt ihr Schwerpunkt doch auf den negativen Begleiterscheinungen der Wechseljahre.
Das ist im Rahmen ihrer Zielsetzung sicher berechtigt, aber ich möchte dies durch eine weitere Sichtweise ergänzen.
Was, wenn in den Wechseljahren etwas sehr Gesundes in uns Frauen zum Vorschein kommt?
Was, wenn sich durch den Wandel in uns eine Tür öffnet, durch die wir es wagen, hinaus aus dem System zu treten, um es einmal von Draußen zu betrachten?
Was, wenn es nicht nur der Körper ist, der der Arbeitsverdichtung und dem Leistungsdenken nicht mehr stand hält, sondern wenn auch die Seele sich meldet und erkennt, was für ein Wahnsinn da teilweise am Gange ist?

Begleiterscheinungen der Wechseljahre sind nicht nur negativ
Was, wenn Führungspositionen nicht nur verlassen werden, weil es in den Wechseljahren nicht mehr zu schaffen ist, sondern auch, weil frau einfach keine Lust mehr hat auf Machtspielchen und den ganzen Zirkus?
Depressive Verstimmungen, Schlafstörungen und Hitzewallungen sind störend bis hin zu stark belastend, und es ist ein Segen, dass wir Wissen sammeln und verbreiten, wie hier Linderung verschafft werden kann.
Aber eine depressive Verstimmung kann uns auch deutlich machen, dass wir mit dem, wie es ist, nicht mehr zufrieden sind.
In schlaflosen Nächten finden wir vielleicht die Zeit, unseren Sehnsüchten nachzuspüren, die uns am gut ausgefülltem Tag fehlt.
Und Hitzewallungen können uns zeigen, dass da ein Feuer in uns brennt, dessen Licht in die Zukunft weist.
Ich bin keine Freundin des „Entweder – Oder“.
Mein Herz schlägt für die Facetten, die diese Zeit des Wandels ausmachen, und wie wir sie für uns nutzen können.
Für das Bewährte, das wir wahren, und das Neue, das wir in unser Leben bringen möchten.

Nutzt die Power der Wechseljahre auch für eine gesunde Arbeitswelt
Was, wenn die Transformationskraft dieser Jahre auch unsere Arbeitswelt transformiert, so dass wir alle gut darin leben können, Jung und Alt, vor, in und nach den Wechseljahren?
Es wäre nicht das erste Mal, das wir erkennen, dass das, was einer bestimmten „Zielgruppe“ gut bekommt, für uns alle förderlich ist.
Ja, es ist Zeit, die Wechseljahre in der Arbeitswelt in den Fokus zu nehmen.
Mein Vorschlag dafür ist, dies von Anfang auf Augenhöhe zu machen und Frauen in den Wechseljahren als das zu sehen, was sie über ihre körperlichen und seelischen Begleiterscheinungen hinaus auch und insbesondere sind – visionäre und engagierte Frauen, die dadurch, dass ihr Leben gerade auf dem Kopf steht, so manches zum Tanzen bringen können.
Du bist in den Wechseljahren und möchtest dich auch beruflich neu sortieren?
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